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28. April

Impressionen: Orte der Befreiung

Den 28. April als Tag der Befreiung Neuköllns haben wir zum Anlass genommen, um euch hier aber vor allem im Straßenbild historische Ort in Neukölln vorzustellen. Es sind Orte von jüdischem Leben, Verfolgung und Widerstand.

Käte Frankenthal [Rathaus Neukölln]

Im Neuköllner Rathaus arbeitete bis 1933 eine jüdische Ärztin: Käte Frankenthal (*1889, Kiel – †1976, New York). Sie war einer der ersten Frauen, die in Deutschland das Staatsexamen in Medizin ablegte. Politisch engagierte sie sich ab der zweiten Hälfte ihres Studiums in der SPD. Sie gehörte zum linken Flügel der Partei und war zwischenzeitlich Bezirksabgeordnete sowie Landtagsabgeordnete. 1918 bis 1924 arbeitete sie als (Assistenz-) Ärztin in der Berliner Charité. Daneben betrieb sie eine eigene Praxis, die sie auch nutzte, um Ehe- und Sexualberatungen durchzuführen und in der sie als überzeugte Gegnerin des Paragrafen §218 kostenlos Verhütungsmittel verteilte. 1928 zog sie als Stadtärztin (etwa vergleichbar mit dem Gesundheitsamt) ins Rathaus Neukölln ein und war dort auch für die Eheberatungsstellen zuständig. Als Abgeordnete der SPD in der Stadtverordnetenversammlung stellte sie einen Antrag, in dem sie forderte, sexuelle Aufklärung und Ausgabe von Verhütungsmitteln als öffentlicher Dienst in den städtischen Eheberatungsstellen zu etablieren, dem 1930 stattgegeben wurde. 1931 trat sie in die Sozialistische Partei Deutschlands (SAP) ein, da sie die Tolerierungspolitik der SPD gegenüber der NSDAP kritisierte. Nach der Machtübertragung an Adolf Hitler und die NSDAP am 30. Januar 1933 waren sie sowie ihre Genoss_innen von der ersten Verfolgungswelle der Nationalsozialist_innen betroffen. Auch ihr Vorgesetzter, der kommunistische Stadtrat Richard Schmincke, war in dieser ersten Welle festgenommen worden. So avancierte Frankenthal automatisch zur Stellvertretung des Stadtrats. Als solche hatte sie Zugang zu dessen Dienstzimmer, in dem sich einige kommunistische Parteiakten mit Namen und Adressen befanden. Frankenthal konnte diese erfolgreich aus dem Büro des Stadtrats schmuggeln und vernichten. Die Beseitigung und Vernichtung von Akten wurde mit einer Gefängnisstrafe bestraft. Durch diese Aktion konnte sie einigen Genoss_innen die Gefangennahme oder Lageraufenthalte ersparen.
Bereits im März 1933 emigrierte Frankenthal nach Prag. Sie befürchtete, zu stark mit dem Antrag von 1930 über die umfunktionierung der Eheberatungsstellen assoziiert zu werden. Ihr Name war in der Berliner Politiklandschaft bekannt. Zudem war sie sich bewusst, dass sie als Jüdin, Sozialistin und Intellektuelle der Verfolgung der Nazis ausgesetzt gewesen wäre. Die Eheberatung wurde schließlich 1934 zur „Rassen- und Eheberatungsstelle“ umgewandelt. Seit dem Inkrafttreten des Zwangssterilisationsparagraphen wurde hier unter anderem darüber entschieden, wer wen unter welchen Umständen heiraten durfte.
Die „Arisierung“ von Karstadt [Hermannplatz 5-10]

Das pompöse Gebäude des durch Philipp Schaefer entworfenen Karstadts am Hermannplatz wurde am 25. April 1945 durch SS-Truppen gesprengt. Damit sollte verhindert werden, dass der Inhalt des Gebäudes in die Hände der Roten Armee kam. Mit dieser Sprengung sind auch etliche Menschen ermordet worden, die sich im Karstadt auf der Suche nach Nahrung aufgehalten hatten. Das heutige Gebäude des Karstadts wurde 1952 gebaut. Seit etwa 2 Jahren arbeiten die beiden Warenhäuser Karstadt und Kaufhof eng zusammen und treten mit dem Namen „Galeria Karstadt Kauhof“ sogar mit gemeinsamen Namen auf.
Warenhäuser entwickelten sich insbesondere in der 2. Hälfte des 19. Jahrhundert bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. Leonhard Tietz war Gründer eines kleinen Lädchens – der Leonhard Tietz AG –, der schnell expandierte und bereits in den 20er Jahren auf über 40 Filialen angewachsen war. 1933 wurde die Aktiengesellschaft in „Westdeutsche Kaufhof AG, vorm. Leonhard Tietz“ geändert. Um den jüdischen Inhaber zu verbergen, strichen die Nazis den Namen Leonhard Tietz 1936. Bereits ab März mit dem Höhepunkt am 1. April 1933 waren die Filialen des Unternehmens von dem durch die NSDAP organisierten Boykott als jüdisch gebrandmarkten Geschäfte betroffen. Durch den steigenden politischen und wirtschaftlichen Druck sah sich Alfred Leonhard Tietz, der Sohn des Gründers und Unternehmensvorstand, zum Rücktritt gezwungen. Zudem musste er seine Aktienanteile zu einem Spottpreis an die Dresdner Bank verkaufen. In den folgenden Jahren der sogenannten „Arisierung“ wurde die Familie Tietz ihres gesamten Vermögens beraubt und musste emigrieren. Das Unternehmen Karstadt war dagegen eines der wenigen Warenhäuser in Deutschland, die nicht ursprünglich von Menschen jüdischer Zugehörigkeit gegründet und daher nicht Opfer der „Arisierung“ wurde, wie es etwa auch bei den Kaufhäusern Wertheim, Hertie oder dem KaDeWe der Fall war. Die „Arisierung“ in dem Unternehmen Karstadt gestaltete sich anders: Bereits 1933 entließ man alle Menschen, die die Nazis als jüdisch identifizierten. Im Gegenzug erhielt das durch die Wirtschaftskrise angeschlagene Unternehmen Kredite, und schon 1938 erhielt es den zweifelhaften Titel „Vorstufe zum nationalsozialistischen Musterbetrieb“.
An die Geschichte der Familie Tietz oder den Bestrebungen das Unternehmen Karstadt, wie es hieß, „judenrein“ zu machen, erinnert heute nichts am Hermannplatz. Die Entschädigungszahlungen an die Familie Tietz gleichen einem Witz, wenn man sich den unvergleichlichen Raub des Eigentums durch die Nazis vergegenwärtigt. Auch an diesem Beispiel verdeutlicht sich einmal mehr, dass sich Deutschland nur als Aufarbeitungsweltmeisterin inszeniert.
Wohnung der Familie Löwenstein
[Geygerstraße 3]

Der Brand des Reichstagsgebäudes in der Nacht vom 27. auf den 28.Februar 1933 lieferte der nationalsozialistischen Führung den Anlass, um in einer konzertierten
Aktion gegen ihre kommunistischen und sozialdemokratischen Gegner_innen loszuschlagen. In Neukölln wurde die Wohnung des SPD-Reichstagsabgeordneten, langjährigen Neuköllner Volksbildungsstadtrat und Bildungsreformer Kurt Löwenstein von der SA überfallen und verwüstet. Dem aus einer jüdischen Familie stammenden Sozialisten und ehemaligen USPD-Mitglied Löwenstein gelang die rechtzeitige Flucht ins Pariser Exil.
Seine ebenfalls politisch aktive Frau Mara und sein Sohn Dyno folgte nach dessen Schulabschluss an der Karl-Marx-Schule (heute: Ernst-Abbe-Gymnasium). Nach dem Tod von Kurt im Jahr 1939 flüchteten Mara und Dyno vor dem deutschen Einmarsch zunächst nach Südfrankreich und 1941 mit einer Schiffspassage nach New York. Dort verhörte Dyno Löwenstein für die US Army deutsche Kriegsgefangene. Er bewarb sich schließlich beim amerikanischen Militärgeheimdienst “Office for Strategic Services”, der ihn im Spätsommer 1944 mit dem Auftrag zurück nach Europa schickte, Spionage, Sabotage und Widerstand im Inneren des deutschen Herrschaftsbereichs zu organisieren. Er rekrutierte und leitete in Österreich ein Netz aus Agent_innen, die im Rahmen der Operation “Greenup” mithelfen sollten, zu verhindern, dass sich die zurückziehenden nationalsozialistischen Soldaten in der Alpenregion verschanzen konnten. Dafür klärten sie u.a. deutsche Nachschubrouten aufklärten und gaben Informationen zur Planung von Luftangriffen weiter.
„Richardsburg“ [Richardstraße 35]

In einer großen 1971 abgerissenen Mietskaserne auf dem Gelände des heutigen Comenius-Gartens befand sich die Kneipe „Richardsburg“, die ab Januar 1931 der SA als „Sturmlokal“ diente. In der Nachbarschaft regte sich Protest. Es organisierte sich ein Mieter_innenstreik gegen den Hausverwalter und eine Hausschutzstaffel, um die Aktivitäten der SA in der Kneipe zu überwachen. Die KPD führte regelmäßig Demonstrationen vor dem Haus durch. Auch die Scheiben der Kneipe gingen zu Bruch. Am 15.Oktober 1931 sollen sich laut Anklageschrift Kommunist_innen über die Kirchgasse genähert haben. Es kommt zu einer Auseinandersetzung mit den in der Kneipe befindlichen SA-Leuten. Der Wirt der „Richardsburg“, das NSDAP-Mitglied Heinrich Böwe, wird erschossen. 33 Kommunist_innen werden verhaftet, ein erster Prozess 1932 endet ohne Verurteilung einer_s Schütz_in. Im gleichen Jahr muss die SA ihren Treffpunkt in der Richardstraße wieder aufgeben.

Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialist_innen nutzen sie diese Auseinandersetzung in der Richardstraße aus der Endphase der Weimarer Republik ab 1935 für einen zweiten, politischen Prozess, in dessen Mittelpunkt die vermeintlich zentrale Steuerung bewaffneter Aktionen durch die KPD stehen sollte. Mehreren Funktionären der Unterbezirksleitung der KPD in Neukölln war es jedoch gelungen sich vor Beginn des Prozesses nach Prag abzusetzen. Der sechs Monate dauernde Prozess vor dem Schwurgericht wurde von der nationalsozialistischen Propaganda in Form des „Völkischen Beobachters“ intensiv begleitet. Am 29. Februar 1936 wurden Bruno Blank, Helmut Schweers, Bruno Schröter, Walter Schulz und Paul Zimmermann zum Tode verurteilt. Zehn weitere Angeklagte werden zu insgesamt 110 Jahren Zuchthaus verurteilt. Vier der acht freigesprochenen Angeklagten blieben dennoch weiter inhaftiert und wurden in neue Verfahren verwickelt. Einer der Hauptangeklagten, Hermann Hagemann, wurde am 13.Februar 1936 „in seiner Zelle erhängt“ aufgefunden.
Ehemalige Synagoge [Isarstraße 8]

Auf dem Hinterhof des Wohnhauses in der Isarstraße 8 befand sich von 1907 bis zu ihrer Zerstörung durch die NationalsozialistInnen 1938 die Synagoge des Israelitischen Brüder-Vereins Rixdorf e.V. Obwohl die Synagoge versteckt auf einem Hinterhof in einer kleinen Seitenstrasse lag, gehörten bis zu 2.000 Neuköllner Jüdinnen_Juden zur Gemeinde, von denen viele regelmäßig an den Gottesdiensten teilnahmen.
Bis 1933 war es üblich an den hohen Feiertagen beim Gebet den jeweiligen deutschen Regierungschef in die Gebete einzuschließen. Der letzte Rabbiner der Synagoge, Georg Kantorowsky (1883-1972), verzichtete ab 1933 darauf, denn es hätte bedeutet, für Adolf Hitler mitzubeten. Im Zuge der Novemberpogrome im November 1938 fiel die Synagoge in der Isarstrasse, wie auch zahlreiche andere jüdische religiöse Einrichtungen und Geschäfte in ganz Deutschland, den gewalttätigen Ausschreitungen der NationalsozialistInnen zum Opfer. Rabbiner Kantorowsky konnte sich zwei Jahre später mit seiner Familie nach Shanghai retten und lebte später in San Francisco. Seit 1988 erinnert eine Gedenktafel neben dem Eingang der Isarstraße 8 an die ehemalige Synagoge auf dem Hinterhof.
Außenlager des KZ Sachsenhausen [Sonnenallee 181-189]

An der Sonnenallee 181-189 in Neukölln befindet sich zwischen Ederstraße und Thiemannstraße eine Kleingartensiedlung. Auf dem Gelände befand sich vom 1. September 1944 bis zum 18. April 1945 ein Außenlager des Oranienburger Konzentrationslagers Sachsenhausen. Hier mussten etwa 500 Jüdinnen für eine Filiale der National Krupp Registrierungskassen GmbH in Zwangsarbeit Maschinengewehre, Munition, Zünder und vermutlich auch Flugzeugteile herstellen. Die Mädchen und Frauen kamen überwiegend aus Polen, Tschechien und Österreich. Die polnischen Frauen und Mädchen waren zuvor im Ghetto in Lodz und wurden nach dessen Auflösung in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sie bereits für die Firma Krupp Zwangsarbeit leisten mussten. Von Auschwitz führte ihr Weg in das Konzentrationslager Ravensbrück und schließlich nach Berlin. In Neukölln mussten die Mädchen und Frauen in zwölf Stunden Schichten arbeiten und wurden dabei von KZ-Aufseherinnen bewacht. Insbesondere das Stanzen und Galvanisieren führte häufig zu Verletzungen, wie beispielsweise Verbrennungen.
Alliierte Bomben zerstörten im April 1945 Teile des Zwangsarbeitslagers. Die Inhaftierten wurden zunächst in einem nahegelegenen Kino und in den Kellerräumen der Firma Krupp untergebracht, dann mit der S-Bahn in das Stammlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen und schließlich wieder in das Konzentrationslager Ravensbrück gebracht. Dort wurde die meisten im Rahmen der „Aktion Bernadotte“ des schwedischen Roten Kreuzes befreit.
Karl-Marx-Schule [Sonnenallee 79]

Die Karl-Marx-Schule (heute: Ernst-Abbe-Oberschule) in der Sonnenallee war eine von sechzig in den 1920er Jahren in Berlin eingerichteten modernen Schulen. Hier sollten autoritäre Erziehungsmethoden des Kaiserreichs überwunden werden. Kinder aus Arbeiter_innenhaushalten wurden besonders gefördert. Jungen und Mädchen wurden gemeinsam unterrichtet, unter anderem in dem Fach Lebenskunde statt Religion. Schulleiter war der Reformpädagoge Fritz Karsen, unterstützt wurde er vom Neuköllner Volksbildungsstadtrat Kurt Löwenstein. Die beiden jüdischen Sozialdemokraten wurden von den NSDAP schon früh als „Verderber der deutschen Jugend“ angegriffen. Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten wurden die Reformschulen umgehend zerschlagen. Karsen und Löwenstein flohen wenige Wochen später ins Exil. Von den 74 Lehrkräften der Karl-Marx-Schule wurden nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ 43 im Laufe des Jahres 1933 entlassen.

Leihbücherei von Elli Fuchs [Weserstraße 177]

In der Weserstraße 168 lebte bis zu seiner Verhaftung am 15. Oktober 1939 der junge Kommunist Heinz Kapelle. Um den leidenschaftlichen „Sportler und und begeisterter Motorradfahrer“, wie ihn sein Genosse und enger Weggefährte Erich Ziegler später beschrieb, gründete sich 1937 eine kleine Widerstandsgruppe. Bereits drei jahre zuvor war der Buchdrucker Kapelle wegen Verbreitens von illegalen Schriften verhaftet und verurteilt worden. Durch den Kontakt zu anderen NS-Gegner_innen konnte die Neuköllner Widerstandsgruppe in kürzester Zeit ein breites Untergrund-Netzwerk in ganz Berlin aufbauen, denen zwischenzeitlich rund 60 junge Menschen angehörten.
Ihre Hauptaktivitäten bestanden in dem Verteilen von Flugblättern in den zahlreichen Betrieben der Stadt, die sie Anfangs noch von, im Exil lebenden Genoss_innen erhalten hatten. Sehr schnell wurden weitere Flugblätter in Berliner Druckereien nachgedruckt. Als Versteck für die Materalien und heimlicher Treffpunkt der Gruppe diente u.a. die Leihbücherei von Elli Fuchs, die sich nicht weit entfernt von Heinz Kapelles Wohnung in der Weserstraße 177 befand.
Kurz nach Kriegsbeginn im September 1939 verteilte die Widerstandsgruppe um Kapelle tausende Flugblätter in Berlin, die die Bevölkerung zum Widerstand gegen die Angriffspläne der Nazis aufrief. Die Gestapo stand unter erheblichen Druck, hatte sie doch große Mühe die Quelle der Flugblätter zu ermitteln. In einer großen Aktion wurden daher alle Druckereien der Stadt durchsucht. Nur durch einen Zufall kamen sie dabei auf Heinz Kapelle. Bei Durchsuchungen in seiner Wohnung und der nahen Leihbücherei wurden Flugblätter und weiteres Untergrundmaterial sichergestellt. Am 15. Oktober 1939 wurde Heinz Kapelle verhaftet. Zwei Tage später folgte sein Genosse Erich Ziegler.

Zwei Jahre nach Zerschlagung der Widerstandsgruppe und zahlreichen Misshandlungen, fand am 20. Februar 1941 der Prozess am Volksgerichtshof statt. In den, bereits vorher feststehenden Urteilen, wurden Heinz Kapelle und fünf weitere Genoss_innen, u.a. die ebenfalls aus Neukölln stammende Leihbuchhändlerin Elli Ziegler (früher Fuchs) und der Druckereihilfsarbeiter Kurt Ende, angeklagt.
Heinz Kapelle als Kopf der Gruppe, wurde zum Tode verurteilt und am 1. Juli 1941 in Plötzensee hingerichtet. Die anderen Angeklagten bekamen mehrjährige Haftstrafen und mussten teilweise nach der Haft in Zwangsarbeit.

Heute erinnert eine Gedenktafel am Haus Weserstraße 168 an den Widerstandskämpfer Heinz Kapelle. Vom Gebäude, in dem sich die Leihbücherei von Eli Fuchs befand ist nichts mehr übrig. Heute ist dort ein Spielplatz.
Wohnung von Heinz Kapelle [Weserstraße 168]

In der Weserstraße 168 lebte bis zu seiner Verhaftung am 15. Oktober 1939 der junge Kommunist Heinz Kapelle. Um den leidenschaftlichen „Sportler und und begeisterter Motorradfahrer“, wie ihn sein Genosse und enger Weggefährte Erich Ziegler später beschrieb, gründete sich 1937 eine kleine Widerstandsgruppe. Bereits drei jahre zuvor war der Buchdrucker Kapelle wegen Verbreitens von illegalen Schriften verhaftet und verurteilt worden. Durch den Kontakt zu anderen NS-Gegner_innen konnte die Neuköllner Widerstandsgruppe in kürzester Zeit ein breites Untergrund-Netzwerk in ganz Berlin aufbauen, denen zwischenzeitlich rund 60 junge Menschen angehörten.
Ihre Hauptaktivitäten bestanden in dem Verteilen von Flugblättern in den zahlreichen Betrieben der Stadt, die sie Anfangs noch von, im Exil lebenden Genoss_innen erhalten hatten. Sehr schnell wurden weitere Flugblätter in Berliner Druckereien nachgedruckt. Als Versteck für die Materalien und heimlicher Treffpunkt der Gruppe diente u.a. die Leihbücherei von Elli Fuchs, die sich nicht weit entfernt von Heinz Kapelles Wohnung in der Weserstraße 177 befand.
Kurz nach Kriegsbeginn im September 1939 verteilte die Widerstandsgruppe um Kapelle tausende Flugblätter in Berlin, die die Bevölkerung zum Widerstand gegen die Angriffspläne der Nazis aufrief. Die Gestapo stand unter erheblichen Druck, hatte sie doch große Mühe die Quelle der Flugblätter zu ermitteln. In einer großen Aktion wurden daher alle Druckereien der Stadt durchsucht. Nur durch einen Zufall kamen sie dabei auf Heinz Kapelle. Bei Durchsuchungen in seiner Wohnung und der nahen Leihbücherei wurden Flugblätter und weiteres Untergrundmaterial sichergestellt. Am 15. Oktober 1939 wurde Heinz Kapelle verhaftet. Zwei Tage später folgte sein Genosse Erich Ziegler.

Zwei Jahre nach Zerschlagung der Widerstandsgruppe und zahlreichen Misshandlungen, fand am 20. Februar 1941 der Prozess am Volksgerichtshof statt. In den, bereits vorher feststehenden Urteilen, wurden Heinz Kapelle und fünf weitere Genoss_innen, u.a. die ebenfalls aus Neukölln stammende Leihbuchhändlerin Elli Ziegler (früher Fuchs) und der Druckereihilfsarbeiter Kurt Ende, angeklagt.
Heinz Kapelle als Kopf der Gruppe, wurde zum Tode verurteilt und am 1. Juli 1941 in Plötzensee hingerichtet. Die anderen Angeklagten bekamen mehrjährige Haftstrafen und mussten teilweise nach der Haft in Zwangsarbeit.

Heute erinnert eine Gedenktafel am Haus Weserstraße 168 an den Widerstandskämpfer Heinz Kapelle. Vom Gebäude, in dem sich die Leihbücherei von Eli Fuchs befand ist nichts mehr übrig. Heute ist dort ein Spielplatz.
Ehepaar Harnack [Hasenheide 61]

In der Hasenheide 61 befand sich die Wohnung des Ehepaars Harnack. Ab 1933 diente sie als Raum für antifaschistische Schulungskurse und politische Gesprächskreise. Diese Treffen gelten als der Beginn des vielfältigen Widerstands der Harnack-Schulze-Boysen-Organisation, welche später durch Bezeichnung der Gestapo auch als “Rote Kapelle” bekannt wurde. Die “Rote Kapelle” zeichnete sich vor allem in ihrer Vielschichtigkeit innerhalb der Gruppierung aus, sie setzte sich aus Angehörigen verschiedener Klassen und politischen Spektren zusammen. Neben dem Verteilen von illegalem Material war vor allem die Spionagearbeit ihre Hauptaufgabe. So warnten sie unter anderem vor dem 1941 bevorstehenden Überfall auf die Sowjetunion.
Seit dem Jahre 1942 wurden 130 Mitglieder der Gruppe durch die Gesatpo verhaftet und 52 von ihnen hingerichtet. Unter ihnen war auch das Ehepaar Harnack.